Der Klang tauber Stimmen

Die Vorlage für diese Gedichte waren Illustrationen von Astrid Christine Pollheimer, die für das englischsprachige Märchen „Lost Words“, gezeichnet wurden. Mit diesen Gedichten wurde eine deutsche Version mit dem Titel „Der Klang tauber Stimmen“ verfasst.

(1)

Unsere Mutter ist weg. Der Vater ging fort,
Sie erklärten nicht viel und hinterließen kein Wort.
Seit dem grauen Tag, sitzen wir gemeinsam hier,
Hoffnung schwindet, die Angst zerreißt uns schier.
Meine schützende Hand, sie bleibt unbewacht,
Wer hält mich in der schlaflosen Nacht?
Ich hoffe dem Überlebenstrieb wird Leichtigkeit weichen,
Ich kann nur daran denken, ob es heute wird reichen.
Ich weiß, dass dieser steinige Weg ein Ende haben muss,
Irgendwann, wird er sein, wie ein lachender Kuss.

(2)

Als vor ein paar Tagen das Donnern begann,
War es der Wind, der von erlösender Hoffnung sang.
Die Botschaft trugen zwitschernde Vögel umher,
Sie berichteten von dem aufbäumenden Heer.
Ihre Stimmen waren leise, die Augen voll Mut,
Sie sprachen von einem Ende – Die Worte tun gut.
So schnell sie kamen, so rasch waren sie fort,
Die Kunde musste weiter getragen werden an jeden Ort.
Als die letzte Gestalt am Horizont verschwand,
War es nicht nur Hoffnung, die sie fand.

(3)

Mythen und Sagen, geschrieben von Zeit,
Nur die Natur, zeigt wahre Standfestigkeit.
Der alte Baum offenbart ein Leben ohne Zwang,
Diese Ruhe untermalt nur der Windesklang.
Viele Geschichten erzählte ihm der Wind,
Auch von jenem Vater der einst verlor das Kind.
Sollte wieder eine dunkle Zeit anbrechen,
Würde er weiter standhalten und niemals vergessen.
Der Forderung von Sturm und Hagel hielt er stand,
Die Erde ist keine Scheibe mit goldenem Rand.

(4)

Bewegungslos, brav und stumm sollte ich sein,
Ich tat was ich sollte und durfte nie schreien.
Sie sagten, ich soll nicht verraten was einst passierte,
Dabei war ich die einzige die sich in diesem Wald verirrte.
Die anderen lachten sich an und lebten Lügen weiter,
Ich träume so oft von mir als kämpfenden Reiter.
Ich reite davon und halte ihnen Stand,
Sie reichen sie mir, doch ich schlage die Hand.
Heute verstehe ich, dass ohne Wurzeln nur Trümmer entstehen,
Doch wie soll ich verleugnen, was niemals wird vergehen

(5)

Vor fünf Jahren gingst du und verließt unseren Weg,
Ich wollte noch Abschied nehmen, doch es war bereits zu spät.
Ich wache hier, seit diesem Tage,
Ich wache hier, weil ich noch Hoffnung in mir trage.
Hoffnung, dass das Ende entfernt und anders erscheint,
Dass wir uns wieder sehen – Auf ewig vereint.
Ich wache hier, und sehe den Spiegel des Mondes im Meer,
Ich wache und warte auf erlösende Wiederkehr.
Jeglicher Schein spiegelt dunkle Tiefe wieder,
Das tobende Meer singt mystische Lieder.

(6)

Einsamkeit zeigt sich in Form und Gesicht,
Wer ist Richter und Kläger beim letzten Gericht.
Fantasie und Träume werden weiter gewoben,
Während sie woanders einen König erhoben.
Du hast zwar alles, aber fühlst dich gefangen,
Zwischen all den Gedanken – Lerne zu entspannen.
Gehe tief und lausche der Stimme,
Danach kannst du öffnen des Schicksals Klinge.
Verschoben und verschwommen erscheint dir das Licht,
Schütze dich selbst, dass der Wille nicht bricht.

(7)

Seit Jahren verschlingt mich suchender Schmerz,
Sie gingen und zerbrachen ein unschuldiges Herz.
Das Horn verrät vieles, vor allem die Leere,
Wohin hat man sie gebracht auf dieser dunklen Fähre.
Es erscheint wie ein Fluch. Ja, fast eine Bürde,
Sie flüstern mir zu, es sei bloß eine Hürde.
Ohne gelebte Trauer will die Einsamkeit nicht weichen,
Ich spüre die Blicke der trauernden Leichen.
Ich jage weiter herum in dieser trostlosen Steppe,
Ohnmacht schließt sich wie eine eiserne Kette.

(8)

Ich ruhe hier, weil ich verstanden habe,
Gesucht danach an einem dieser endlosen Tage.
Verstanden, dass die Wahrheit doch in Allem ruht,
Warum zollt niemand den kleinen Dingen Tribut?
Die Blüte der Blume ist wie eine eigene tiefe Welt,
Oder was ist mit dem Laub das bald zu Boden fällt?
Die Angst wird weichen, wenn du wirst verstehen,
Breite deine Flügel und auch du wirst es sehen.
Der Ton des Einklangs ist stärker als Wut,
Ich wache hier – Der Zweifel, er ruht.

(9)

Die Zeit bleibt stehen, wenn Kinder lachen,
Obwohl in dir noch dunkle Gedanken wachen.
Eine frische Brise berührt meine Haut,
Ich schließe die Augen. Es erklingt hier kein Laut.
Ich werde nicht lügen, über das was geschah,
Ich werde nicht schweigen über das was ich sah.
Doch gehe ich weiter und sehe das Licht,
Nach so vielen Jahren habe ich endlich Klarsicht.
Unter dieser Kruste ruht Vergangenheit,
Du bist hier bei mir, schöne Wirklichkeit.

(10)

Sie kommt oft zu mir und bleibt dann ganz lang,
Ich verstehe zu tun, was ich tun kann.
Ich bin zufrieden mit dem was mir wird gegeben,
Die streichelnde Hand gleicht einem Segen.
Ein Segen, der Wärme und Liebe enthält,
Ein alter Freund, der sich zu mir gesellt.
Manchmal kommt sie, umgeben von Sorgen,
Es wird wieder kommen ein besserer Morgen.
Ich fühle mich wohl, doch rufen sie mich heim,
Sind wir nicht im Grunde, alle allein?

(11)

Nach Jahren der Suche, hab ich Glück gefunden,
Das Gute erscheint manchmal nur für Sekunden.
Es liegt an dir ob es auch bleibt,
Viele verloren durch Unachtsamkeit.
Hast du gefunden wonach du gesucht?
Es bleibt eine Stimme, die heut‘ nach dir ruft.
Verdränge die Klänge und bleibe beim Glück,
Alte Gewohnheiten machen verrückt.
Gib mir die Hand, die alte Wahrheit zerbricht,
Gib mir die Hand, du bist endlich im Licht.

(99)

Gelebte Emotionen schreiben dies‘ Gedicht,
Es ist von Herzen, auf dass es auch trifft.
Schwere Zeiten erfordern großen Mut,
Das grelle Licht wird fordern, ewigen Tribut.