Meine Mitmenschen machen sich oft große Sorgen aufgrund meiner Ernährungsweise. „Da muss man schon sehr aufpassen“ hört man da sehr oft. „Damit man da alle Vitamine bekommt, muss man ganz gezielt essen.“ wird gesagt. „So einfach ist das nicht“ werde ich außerdem oft gewarnt. Gestern allerdings war ich mit einer Aussage konfrontiert, die ich bisher nicht kannte: „Kinder und Babys sterben durch vegane Ernährung in der Schwangerschaft.„ Uff… Krass. Wusste ich gar nicht.
Nach meiner erschrockenen Gegenfrage was damit genau gemeint sei, wurde mir erzählt, dass Menschen, die sich vegan ernähren über zu wenig Folsäure im Körper verfügen. Dadurch entstehen in der Schwangerschaft Schäden am Ungeborenen, manchmal führt dies sogar zur Abtreibung. Laut dem Gesprächspartner bekommt der Mensch Folsäure nur über das tierische Fleisch und muss es dringend zu sich nehmen, wenn man schwanger ist. Wow… das wusste ich wirklich nicht.
Ich klappte sofort mein Notebook auf und öffnete die Wikipedia-Seite zu Folsäure. Gleich bei der Begriffserklärung musste ich staunen. Der Name kommt aus dem lateinischen Wort „folium“. Das bedeutet wiederum Blatt „wegen des Vorkommens in grünen Pflanzenblättern“. Das kommt doch nur von Tierfleisch wurde mir gesagt? Wie kommt man daher auf diesen Namen? Neben der chemischen Herstellung von Folsäure gibt es selbstverständlich auch natürliche Lieferanten. Diese Liste lässt mich erneut staunen:
Top-Quellen natürlicher Folsäure
- Hefe mit bis zu 2500 µg je 100g
- Weizenkeime und -kleie mit bis zu 400 µg je 100g
- Kalbs- und Geflügelleber mit jeweils rund 100 µg je 100g
Der beste Lieferant ist also ein pflanzliches Produkt? Aber…. na egal, weiterlesen. Eine Frage aber noch: Ich müsste schon relativ viel Kalbsleber essen (Leber? Zum Beispiel für Leberschnitzerl?) um soviel abzudecken wie mir Hefe zuführen würde, warum sollte ich das machen?
Gefahren bei einem Mangel während und vor der Schwangerschaft
Folgendes lese ich: In der Embryonalentwicklung begünstigt ein Folsäuremangel die Entstehung von Neuralrohrdefekten wie eine Spina bifida oder Anenzephalie. Er soll außerdem Einfluss auf eine Frühgeburtlichkeit haben und scheint an der Entwicklung von angeborenen Herzfehlern beteiligt zu sein. Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 800 Kinder mit einem Neuralrohrdefekt geboren, mithin ist etwa eines von tausend Neugeborenen betroffen; hinzuzurechnen sind wegen Spina bifida abgebrochene Schwangerschaften. Mit dem Thema ist also nicht zu spaßen: Ein Mangel kann zu Fehlbildungen und Kindsverlust führen. Weiters lese ich „Mit Blick auf die zusätzliche Vorbeugung gegen Arteriosklerose wurden früher 600 µg für gesunde Erwachsene, 800 µg für Schwangere und für stillende Mütter empfohlen.“
Fazit
Fassen wir zusammen: Ein Mangel an Folsäure ist gefährlich. Top-Lieferanten für Folsäure sind pflanzliche Lebensmittel. Frauen haben es eventuell schwer, die empfohlene Dosis in der Schwangerschaft zu sich zu nehmen, weswegen meist zusätzlich supplementiert wird – unabhängig von den Essgewohnheiten. Ich finde außerdem Artikel, auf denen darauf hingewiesen wird, dass der durchschnittliche Veganer einen höheren Folsäure-Haushalt aufweist, wie der durchschnittliche Normalköstler. Das passt natürlich so gar nicht zur anfänglichen Aussage, dass Babys durch vegane Enährung möglicherweise sterben.
Ich bin kein Mediziner und verfüge ebenfalls nicht über eine equivalente Ausbildung, konnte nach einer zehnminütigen Internet-Recherche den Vorwurf aber entkräftigen – sofern die gefunden Informationen natürlich der Wahrheit entsprechen. Mir stellt sich am Ende nur die Frage, woher derartige Aussagen kommen und wem sie nutzen sollen. Sie stimmen schlichtweg nicht und sorgen für Verwirrung. Richtig wäre doch: „Kinder und Babys können durch einen Mangel an Folsäure sterben„. Ähnliche Fehlaussagen passieren oft auch beim Thema B12. Hier gibt’s ebenfalls bald einen Artikel, damit genauer erklärt wird, was sich hinter dem Vitamin versteckt und warum 90% des künstlich hergestellten B12s in der Tiernahrung landen.